Westlich des Karlsruher Hardtwaldes auf Neureuter Seite will die Stadt letztes Offenland für Wohnen und Gewerbe bebauen. Dabei ist der Bereich Richtung Rhein bereits mit der Raffinerie Miro stark vernutzt und ab Nordtstadt erstreckt sich ein Siedlungsband bis Linkenheim-Hochstetten.
Landwirtschaftliche Fläche werden einmal mehr als Verfügungsmasse gesehen, ein "letztes Mal" wolle man Kulturlandschaften umnutzen. Es werde ja alles schön ausgeglichen.
Es gehen aber verloren schön anzusehende Ähren wie sich im Wind wiegen, wertvolle Lebensgrundlagen, eine für die Karlsruhe Versorgung wichtige Gärtnerei, Lebensräume für Tiere des Offenlandes, Landschaften für den Spaziergang.
Die Feldaufnahmen sind vom 6. Juni 2024
BPlan "Neureut - Zentrum III"
Zwischen Neureut Heide, der Kirchfeldsiedlung und Neureut liegen jetzt noch letzte offene Flächen, die mit ihrer landwirtschaftlichen Nutzung und Baum-Gebüsch-Strukturen die Aufteilung der Ortsteile charakterisieren und mit dem Alten Flugplatz ein grünes Band bilden.
Nun will die Stadt Karlsruhe das Gebiet vom Norden her weiter anknabbern. Einmal mehr soll eine Plansiedlung entstehen. Was bleibt von der "Heide"? Die Vision klingt zwar vielversprechend: ein in sich stimmiges, zusammenhängendes, lebendiges und gemischtes Stadtquartier zu schaffen, das den gestiegenen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum berücksichtigt. Dabei soll ein vielfältiges und qualitätvolles Angebot an Wohnbauflächen entwickelt werden, das unterschiedliche Bevölkerungs- und Einkommensgruppen anspricht. Doch wie steht ist mit fußläufiger Erreichbarkeiten, will man noch mehr langweilige Wohnquader ohne Baukultur? Der Wohnraumdruck und Zuwachs Karlsruhes wird nicht hinterfragt, vielmehr arbeitet man an sich erfüllende Prophezeiungen zur Einwohnerzahl Richtung 340000 (ca 300000 in 2024). Dabei könnte man an der Begrenzung weiterer Büroflächen (Bspl hinter dem Hauptbahnhof) und Gewerbegebiete (siehe unten Gottesauer Feld) ansetzen und teure Invesorenbauten an anderen Stellen mit Vorgaben zu städtischen Grundstücken vorbeugen. Karlsruhe spielt mit bei der falschen Raumordnungspolitik im Land. Alle Rezepte zur Schaffung von günstigem Wohnraum helfen nicht, wenn die sinnfreie Wachstumspolitik weiter beschritten wird.
Besonders pikant ist, das im Nordwestlichen Bereich die Gärtnerei Stolz mit Gewächshäusern und Gemüsefeldern liegt. Sie sorgt u. a. auf dem Wochenmarkt Gutenbergplatz in der Karlsruher Weststadt für die Versorgung mit qualitätsvollem, aromatischem, saisonalem Gemüse. Der Eigenanbau ist ungespritzt. Im Frühsommer sind die im Wind wogenden Ähren des Getreides eine Augenweide. Wir essen Brot, trinken Bier, genießen Kuchen und suchen gutes Gemüse für unsere Mahlzeiten, doch die Landwirtschaft kann einfach so weg?
Geht es nach den Plänen, soll nur noch die Benennung eines Häuserblocks an die Gärtnerei erinnern. Ist es nicht zynisch dies "Gärtnereiquatier" zu benennen wo langweiliger Beton steht?
Der Bebauungsplan ist seit 2020 auf Grundlage eines Rahmensplan (siehe unten) in Bearbeitung. Stand Oktober 2024 stockt es glücklicherweise. Da Bebauungsplanverfahren entgegen der Haltung der Gremien prinzipiell ergebnisoffen sind, kann die Planung bei einsetzender Vernunft auch aufgegeben werden.
www.karlsruhe.de BPl Neureut Zentrum III
Gärtnerei Stolz auf dem Markt Gutenbergplatz - Gemüse aus Eigenanbau, ungespritzt
Jahrzehnte eine Konstante. Bild 1 + 2 von 2009, die anderen von 2010. Auch 2024 steht der Stand vital auf dem Markt. Lange Einkäuferschlangen belegen Beliebtheit
und Bedarf.
Die Pläne Bebauungsplan und Rahmenplan
Das mittlere Bild zeigt ein Detail des Rahmenplans mit dem "Gärtnereiquartier" an Stelle der Gärtnerei Stolz.
BPlan "Gottesauer Feld"
Orange = der Geltungsbereich des Baugebiets wo die Versiegelung stattfinden soll.
Türkis = mögliche Bodenauftragsfläche
Eine Bebauung zwischen der Richtung Nordost verlaufenden B36 und der Wohn- und Gewerbestraße Am Zinken würde etwa die Hälfte der Ackerflächen im Karlsruher Norden
zwischen B36 und Linkenheimer Landstraße einnehmen. Das Siedlungsband Nordweststadt bis Hochstetten längs der B36 würde weiter verdichtet werden.
Wir sehen in den Bildern schön gewachsenes Getreide, Ackerflora, Hecken, Büsche, Bäume und Gärten. Anwohner gehen dort mit/ ohne Hund spazieren. Diese gut strukturierte Landschaft ist wichtig für
Mensch und Natur.
Die Notwendigkeit des Baugebiets wird mit der „Deckung des Bedarfs aus der Gewerbeflächenstudie 2012/ 2021 mit einer größeren zusammenhängenden Fläche mit guter Anbindung zu überörtlichen Erschließungsstraßen“ begründet. Damit wird das weiterso beim Flächenfraß fortgesetzt, dem die Bodenschutzklausel §1a Abs 2 BauGB Einhalt gebieten soll. Die Bodenschutzklausel sagt zur Umnutzung von landwirtschaftlich genutzten Flächen und Wald, dass diese nur im notwendigen Umfang erfolgen darf und dass diese Umnutzung notwendig sein muss und diese Notwendigkeit begründet werden muss. Die vorgelegte Begründung ist aber nur eine sich selbst erzeugende Begründung à la „wir wollen wegen unseres Selbstverständnisses Boom zu sein Wachstum also braucht es Wachstum und damit mehr Gewerbefläche“. Mit dieser flachen Begründung bleibt Ausnahmefall weiter die Regel.
Karlsruhe leidet keine Not, die Wirtschaft steht nicht am Abgrund. Das Gebot der gleichmäßigen Entwicklung der Regionen (Raumordnungsgesetz) gibt
dem Ziel einer überdurchschnittlichen Stärke keine Begründung. Es ist also völlig abwegig, einer von einer Gewerbeflächenstudie herbeigeredeten Notwendigkeit zu folgen, in der ein höherer
Neubedarf an Gewerbeflächen aus
- der einseitigen Gleichung Erfolgreiche Wirtschaftsförderpolitik = ausreichende Flächenangebote
- Spekulation um Neuansiedlungen als sich selbsterfüllende Prophezeiung des Bedarfs nach Gewerbeflächen
- den nimmersatten angezeigten Wachstumswünschen von Betrieben
folgt.
Eine Stadtentwicklung und Ökonomie im Jahre 2024 muss mit den bestehenden vernutzten Flächen auskommen, auch wenn diese Flächen nicht der Größenvorstellung von Investoren entsprechen. Will die Stadt des Rechts dem Urteil unseres Bundesverfassungsgerichts von 2021 bzgl Artikel 20a GG zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen widersprechen, wonach Deutschland keine Anreize geben darf, internationale Ziele zu unterlaufen?
Der Bebauungsplan war im März 2024 erstmalig in öffentlicher Auslegung nachdem es 2017 eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit gab und 2021 die Träger öffentlicher Belange beteiligt wurden. Noch ist nichts abschließend rechtskräftig entschieden. Da Bebauungsplanverfahren entgegen der Haltung der Gremien prinzipiell ergebnisoffen sind, kann die Planung bei einsetzender Vernunft auch aufgegeben werden.
www.karlsruhe.de BPl Gottesauer Feld
gesammelte Kritik am BPl Gottesauer Feld beim Klimabündnis KA
Die Nachbarschaft
Am westlichen Rand des Baugebiets liegen am nördlich vom Dammweg abgehenden Feldweg einige Gärten und Felder die zur Gesamtheit des Gebiets gehören. Arten bewegen sich zwischen Feldern und Gebüsch zur Nahrungsaufnahme und Brut. Wird das Gottesauer Feld bebaut wird das Offenland zwischen B36 und Grabener Straße erheblich gestutzt und Funktionen beraubt.
Südwestlich schließt sich der Hauptfriedhof Neureut an, der jetzt noch westlich von Feldern umgeben ist. Will man künftig von dort auf Gewerbehallen blicken?
Deshalb sind diese Flächen hier dokumentiert.
Bodenauftragsflächen (türkise Umrandung)
Mit der Verlagerung von Oberboden können Ökopunkte generiert werden, obwohl der ökologische Nutzen für den Boden und die Auftragsfelder sehr fraglich ist. Diese Flächen liegen außerdem so nah am Gottesauer Feld, dass sich die Spekulation aufdrängt, auch diese für Gerwerbe in Beschlag zu nehmen, obwohl die CDU beteuerte, das Gottesauer Feld sei das letzte Gewerbegebiet seiner Art (wer's glaubt... außerdem steht noch einiges in den FNPs an möglichen Gewerbegebieten wo Äcker und Wiesen noch nicht vernichtet sind). Deshalb sind auch diese Flächen hier dokumentiert.
Im Bereich Gottesauer Feld dokumentiert der Umweltbericht eine humose Bodenschicht mit einer Dicke von 25 -50 cm.
Es wird dann die weithin praktizierte Maßnahme des Auftrags von 20 cm Oberboden an anderer Stelle angesetzt, was eine Aufwertung der Auftragsfläche
bringen würde. Deshalb könne 4 ÖP/ qm angerechnet werden.
Dabei wird aber der übliche Trick zur Generierung von Ökopunkten angewandt. Denn es wird nicht 1 qm Abtrag = 1 qm Auftrag gerechnet, sondern der bis
zu 50 cm mächtige Abtrag wird auf eine größere Fläche verteilt. Bei 50 cm Abtrag von 1 qm werden 20 cm Auftrag auf 2,5 qm verteilt. Damit gibt es nicht 4 Ökopunkte (ÖP) für einen qm
vernichteten Boden sondern eine Vermehrung von Ökopunkten um den Faktor 2,5!! Zum Abtrag von 1 qm bei 50 cm Dicke gibt es dann 2,5 x 4 ÖP/qm = 10 ÖP!!
Insgesamt 418.000 ÖP
Bei 25 cm Abtrag werden aus 1 qm Abtragsfläche 1,25 qm Auftragsfläche mit 20 cm, also 25% mehr Ökopunkte als bei 1:1 Rechnung.
Aus einer viel kleineren Spenderfläche wird eine größere Auftragsfläche, die mit einem Faktor von 1,25 bis 2,5 Ökopunkte generiert.
Die Verlagerung von 1 qm Spenderboden sollte nur mit maximal 4 ÖP angerechnet werden. Werden es 10 ÖP würde das die Wertigkeit von
Parabraunerde ergeben. Dabei wird übersehen, dass das Bodengefüge des ursprünglichen Bodens mit all seinem Bodenleben völlig auseinander gerissen und durchmischt wird. Die Funktionsfläche wird
verkleinert. Die humose Schicht wird nach Abtrag und Auftrag gestapelt. Die Auftragsfläche wird entweder erosionsanfällig oder zu stark verdichtet.
Das Argument, die Bodenverbesserungsmaßnahmen (Bodenauftrag) würden den Eingriff in das Schutzgut Boden kompensieren ist damit nichtig. Dies wird
mit der Kritik am Bodenauftrag in der Evaluation der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung (LUBW2012) von PAN Planungsbüro 2018 unterstrichen.
Vom Bericht zur Flächensuche für den Bodenauftrag, erstellt von der arguplan GmbH, wurden von den vorgeschlagenen Auftragsflächen die Nr 1 (hier
dargestellt, 8ha zwischen Grabener Str und Linkenheimer Landstr) und die Nr 2 (nördlich der B36 zwischen der Grabener Straße und Schienentrasse des KVV) übernommen.
Aus 20.900 m³ Oberboden zum Auftrag wurden bei 20 cm Dicke 104500 qm. X 4 = 418000 ÖP (Umweltbericht Seite 59) = Die Flächen 1 (8 ha) +2 (2,45
ha).
Aus den Festsetzungen:
Die Maßnahme Bodenauftrag wird beworben, dass damit landwirtschaftliche Nutzflächen verbessert würden. Im Bericht zur Flächensuche steht aber, dass
auf der größeren Fläche 1 (8ha) „vergleichbare Bodenverhältnisse wie auf der Spenderfläche des Bebauungsplans Gewerbegebiet Gottesauer Feld anzutreffen sind.“ Hinsichtlich Bodenart und
Leistungsfähigkeit sind die Böden der Fläche 1 „mit den Böden der Spenderfläche vergleichbar“. Der Oberbodenauftrag würde laut Bericht nur unter dem Gesichtspunkt „Gleiches mit Gleichem“
erfolgen. Eine Aufwertung findet damit also nicht statt.
Infolge dessen enttarnt sich die „Zwangsbeglückung“ für die Fläche 1 mit Auftrag von Boden aus dem Gottesauerfeld als reiner Selbstzweck irgendwie
die humuse Abtragsschicht unterzubekommen und Ökopunkte zu generieren. Man kann den ganzen Unsinn mit dem Vorhaben Gottesauer Feld auch sein lassen (Siehe oben, die flach begründete
Notwendigkeit).
Gleiches gilt für die kleinere Fläche 2 (2,45 ha). Deren Bodenverhäktnisse entspricht der Fläche 1 und damit auch der Spenderfläche des
Bebauungsplans Gottesauer Feld.
Die Unsinnigkeit der Planung wird mit der hohen Zahl an LKW Fahrten unterstrichen. Für Fläche 1+2 wären das insgesamt 1307 Fahrten