Die Heilbronner Stimme beherrscht die Illusion der heilen Welt perfekt und suggeriert den Lesern mit Scheuklappenblicken einerseits eine Bilderbuchtourismuslandschaft bei gleichzeitiger Lobhudelei auf die sich breit machende Industrie und Großprojekte der Weltmarktführer. Kritische Beleuchtung des Treibens der Wirtschaft kommt bei dem Blatt weng bis gar nicht an.
So leitete am 11.4.2022 ein Artikel zum Zabergäu mit dem Satz ein "Arbeiten, wo andere Urlaub machen ...". Beschränkt werden die Blicke auf die Stellen außerhalb der unzähligen riesigen Gewerbegebiete- auf die Weinberge, Badeseen und Freizeitpark Tripsdrill. Die Wirtschaft trage uneingeschränkt zur Lebensqualität bei, egal wie groß und viel die Klötze in der Landschaft sind. Jedes weitere Gewerbegebiet wird von der Heilbronner Stimme begrüßt, eine Ende der Belastbarkeit kennt das Blatt nicht.
Als weiteres Musterbeispiel für die unkritische Verklärung der Landschaft stellte der Artikel "Das hochgelobte Weinland" vom 20.4.2022 das Zabergäu als von Keuperbergen umgebene Arena vor mit wunderbaren Ausblicken auf Heuchelberg, Stromberg, Wälder, Weinberge, Felder und Wiesen. Keine Spur von intensiver Ausdehnung der Industrie und Gewerbeschachteln.
Die beiden Zeitungsartikel sind beispielgebend und waren Anlass zu untenstehender Korrespondenz.
11.4.2022 - egal wie groß das Ausmaß ist, die Wirtschaft trage zur hohen Lebensqualittät bei. Es ist kein Wohlsein mehr!
20.4.2022 - Gelobtes Land mit Bild aus der Vogelperspektive statt Perspektive der Fußgänger, ja nicht zu nah hinschauen. Guck mal nach rechts! (-> Industriegebiet Langwiesen). Niemand fliegt so zum Michaelsberg.
Zum unkritischen Artikel "Gerüste, Feuerwerk und jede Menge Wein" vom 11.4.2022. Von wegen "Urlaubsgebiet" im stark vernutzten Landstrich. Hinweis auf unbeirrte Durchsetzung Entwicklungsachse Lauffen-Zaberfeld. Die Anhänge zeigen die Diskrepanz.
Sehr geehrter Herr Paul,
am 11.4 brachten Sie in "Gerüste, Feuerwerk und jede Menge Wein" einen recht unkritischen
Artikel über das Zabergäu, der einmal mehr die Illusion pflegte, dass es sich hier noch um eine Urlaubsregion handele, wo sich ein massiver
Industrieausbau, dicht aufeinanderfolgende Gewerbegebiete längs der Zaber angeblich mit Naturpark und schöner Landschaft vertragen würde. Längst sind die Gewerbeschachteln auch von den Premiumaussichtspunkten
sichtbar und die Blicke auf die Weinberge von der Zaber aus gestört. Radwege schlängeln sich durch Gewerbeflair.
Ich bitte Sie und die Heilbronner Stimme , doch endlich um mehr Realismus. Die Gemeinden wollen hier auf biegen und brechen den Ausbau der "Entwicklungsachse Lauffen-Zaberfeld". Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht, es sollen noch mehr Gewerbeflächen reingestopft werden. Dabei sind die Grenzen für den Naturraum und die Belastung für die Menschen längst erreicht. Viele Menschen wenden sich inzwischen ab. Für wenige tausend Einwohner braucht es nicht noch mehr Wirtschaft.
Layher ist heimtverbunden? Ich nenne es erwürgende Umklammerung. Das Unternehmen als sogenannter Weltmarktführer sollte sich dezentralisieren können oder sich überhaupt auf die Grenzen des
Wachstums einstellen. In Deutschland gibt es genug Brachen in Bahn- und Hafennähe.
Gehen Sie ins Naturparkzentrum Zaberfeld und die Touristikinfo Neckar-Zaber. Das Kartenmaterial ist Illusion!! Anbei z.b. die aktuelle "WeinErlebnisKarte" vom Januar 2020. Der darin
eingezeichnete Radweg Heuchelberg-Runde ist längst für die 3. Feuerverzinkerei von Layher abgebaggert worden und ist einem riesigen Baufeld
gewichen. Der schöne Landschaftsblick nach der WG Güglingen-Cleebronn bei den Aussiedlerhöfen
Richtung Michaelsberg ist nun von Betonstützen verstellt.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie man künftig noch Weinfeste an der WG Güglingen-Cleebronn neben einer emittierenden riesigen Fabrik feiern kann.
Anbei Bilder
- von 2018 mit Michaelsbergblick und den vielfachen Radhinweisen
- von 2022 mit der Baustelle, vom Januar mit Überblick über das ca 13 ha-Baufeld und 16.4. mit
Betonstützen
- Sowie die Kartenausschnitte.
Als 2014 die Logistikstandort Taxis in den Ausbau vom Industriegebiet Langwiesen kam, erzürnten sich viele, was da für ein Klotz in die Landschaft hingestellt wurde. Nun kommt die
Layher-Fabrik, über 4x größer. Das Zabergäu macht sich zum Rädchen einer Weltwirtschaft, die auf die Umwelt pfeift.
Mit freundlichen Grüßen,
die Anhänge
Heilbronner Stimme meint, die Balance werde im Zabergäu noch hochgehalten. Hier wurden Maximalforderungen für Umwelt- und Naturschutz gestellt werden.
Sehr geehrter,
danke für Ihre ausführliche Nachricht. In meinem Artikel im Rahmen unserer Serie "12 Monate -
12 Regionen" ging es primär um einen Überblick über die Wirtschaftsstärke des Zabergäus, daher auch die Platzierung im
Wirtschaftsteil.
Grundsätzlich ist es immer ein kaum aufzulösender Zielkonflikt: Einerseits möchte man unberührte Natur, Wander- und Fahrradwege, andererseits Wohlstand und Arbeitsplätze.
Meines Erachtens wird die Balance im Zabergäu noch gehalten. Natürlich sind Gewerbegebiete und
Fabrikhallen nicht hübsch. Aber sie sichern Arbeitsplätze und Wohlstand vor Ort.
Wenn man sich etwa in Ostdeutschland umschaut, hat man zwar jede Menge unberührte Natur und
wunderschöne Landschaft - aber leider kaum noch Menschen, die dort leben, weil es keine Arbeit gibt. Das kann nicht unser Ziel sein.
Über den Spagat zwischen Umwelt- und Naturschutz und Industrie- und Gewerbeansiedlungen wird
vor Ort zu Recht intensiv diskutiert und gestritten. Darüber berichten wir auch regelmäßig - etwa bei der neuen Layher-Fabrik oder dem
KI-Park in Heilbronn.
Letztlich läuft es immer auf Kompromisse hinaus, wie das in einer Demokratie üblich ist. Maximalforderungen lassen sich selten verwirklichen - auch nicht von der Wirtschaft.
Viele Grüße
Jürgen Paul
Teamleiter Politik/Wirtschaft
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Heilbronner Stimme GmbH & Co. KG
Allee 2, 74072 Heilbronn
Richtigstellung, dass es nicht um Maximalforderungen, sondern erhalt des kläglichen Rests im überlasteten Naturpark geht. Die Balance ist längst zum schlechten gekippt. Maximal ist die Forderung der Industrie
Sehr geehrter Herr Paul,
es geht hier nicht um unberührte Natur und Maximalforderungen, sondern um einen überlasteten
"ländlichen Raum" der mit allen Gemeindegebieten im Naturpark Stromberg-Heuchelberg liegt.
Ihr Kollege Kilian Krauth hat heute mit "Das Hoch gelobte Weinland" wieder einen lobhudel-Artikel hingelegt, als ob das Zabergäu nicht auch von intensiver Ausdehnung von Gewerbe und
Industrie geprägt sei. Stattdessen nennt die Aufzählung verklärend nur "Wälder, Felder, Wiesen Weinberge".
Es geht hier also nicht um entweder oder, sondern Kritik am zuviel des einen, der Gewerbeschachteln und Fabriken. Bedarf es wirklich einer Begründung des zuviel, wenn man hier schon so
dreist ist auf einem bedeutenden Radweg an der Zaber hinter einer Winzergenossenschaft eine Feuerverzinkerei und weitere Gewerbehallen
hinzubauen? Die Balance ist eben längst zum schlechten gekippt. Machen Sie sich bitte die journalistische Mühe und vergleichen sie die Touristikkarten und Werbung mit der tatsächlichen Landschaft
längs der Zaber.
Wenn die Industrie in dem Ausmaß hier so als unabkömmlich gilt, dann soll man bitte doch auch
ehrlich sein und diese Lobhudelei und Verklärung des Zabergäus endlich lassen. Da kommen Sie und auch der Heilbronner Stimme der
journalistischen Pflicht nicht nach. Wenn die Illusion aufrecht erhalten wird, dass sich das alles so noch "mit Balance" vertrage,
kommen die Gemeinden mit weiteren Gewerbegebieten durch. Das nächste soll zwischen Güglingen
und Pfaffenhofen kommen und auch Langwiesen bei Frauenzimmern ist noch nicht vollständig ausgebaut.
Es ist belegt, dass Tourismus Arbeitsplätze schafft. Mühsam ist es, immer wieder betonen zu
müssen, dass auch Landwirtschaft und nachgelagerte Akteure Wirtschaft ist. Bei den "Kompromissen" bekommt die Wirtschaft immer ihren Teil,
während Landwirte, Spaziergänger, Radfahrer, Hasen, Rebhühner und Feldlerchen nur abgeben können. So kommt es zur schleichender Zerstörung. Da alles endlich ist, muss man absolute Grenzen ziehen.
Was ist daran maximal?
Maximal ist die Forderung der Industrie wie Layher, zur Erschließung neuer Märkte und weil
Kapazitätsgrenzen erschöpft sind, ständig neue Fabriken ins Tal zu pressen OHNE Kompromiss und OHNE Reduktion. Die Kapazitätsgrenzen des
Zabergäus sowie Naturpark Stromberg-Heuchelberg bezgl Verkehr und Emissionen sind aber erreicht.
Und was Ostdeutschland betrifft: Da geben Sie ja selbst das beste Argument, das Layher und
andere ihre Erweiterung dort auf Brachen zu bauen haben. Hier gibt es nämlich Fachkräftemangel und das Ausbluten Ostdeutschlands für
Baden-Württemberg ist belegt. Machen Sie bitte keine Hysterie, bloss weil hier mal keine weitere Fabrik gebaut werden könne, kämme es zu einem Niedergang.
Auf bessere journalistische Leistung,
mit freundlichen Grüßen,