Stellungnahme zum immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren (UVP) zum Betrieb

Feuerverzinkungsanlage Layher, öffentliche Auslegung 13.12.2019 bis 13.1.2020, Einwendungen bis 13.2.2020

Matthias Böhringer, 12.2.2020

Regierungspräsidium Stuttgart

Ruppmannstraße 21

70565 Stuttgart

Abteilung5@rps.bwl.de

Errichtung und Betrieb einer Feuerverzinkungsanlage

der Wilhelm Layher GmbH & Co KG in Cleebronn   

Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung und Umweltverträglichkeitsprüfung

Öffentliche Bekanntmachung vom 6.12.2019 in der Rundschau mittleres Zabergäu

Öffentliche Auslegung 13.12.2019 bis 13.2.2020

 

Pfaffenhofen, 12.2.2020

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

ich lehne den Antrag auf Genehmigung zum Betrieb der Verzinkungsfabrik ab. Sie ist schon wegen der Größe auf einem bedeutenden Radweg, zwischen einer Weinkelter und einem Weingut, inmitten eines Naturparks fehl am Platz. Das Verfahren zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung als Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung ist fehlerhaft, da es in der Hauptsache mit den standortrelevanten Punkten bereits im Bebauungsplanverfahren hätte durchgeführt werden müssen, was nicht geschah.

 

Begründung

 

1. Überblick Kritikpunkte

a) Die unisono von Landratsamt Heilbronn und Planungsbüro Käser vertretene Trennung zwischen einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Bauleitverfahren und einer UVP im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens ist falsch.

 

b) Es bleibt nicht nur bei der falschen Trennung, sondern die Umweltverträglichkeitsprüfung im Bauleitverfahren wird heruntergespielt. Bereits die  UVP im Bauleitplanverfahren sei als  die vom Baugesetzbuch ohnehin geforderte Umweltprüfung erledigt. Eine selbständige Umweltverträglichkeitsprüfung nach den Vorschriften des UVPG sei dann nicht erforderlich.

 

c) Und drittens würde das Kriterium zur UVP-Pflicht im Bauleitverfahren gar nicht zutreffen, behauptet Büro Käser, denn Büro Käser spielte  selbst die hypothetische UVP-Pflicht bezüglich Fläche mit nochmaliger Reduktion der Netto-Baufläche runter.

 

2. Kritikpunkte im Detail

a) UVP muss bereits im Bauleitverfahren durchgeführt werden und ersetzt dort den Umweltbericht

Mit Berufung auf § 50 UVPG und der Rechtshilfe IDUR darf die UVP in vorliegendem Fall in keinem Verfahren ausfallen, sie muss nur bei überschneidenden Inhalten nicht doppelt durchgeführt werden. Sollte die UVP-Pflicht für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan bestehen, muss diese vollständig im Rahmen des Aufstellungsverfahrens durchgeführt werden und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

 

Die Seite der Verwaltung und Planer verdrehen also denn Sinn des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes und meint, die umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfung könne durch den einfachen Umweltbericht ersetzt werden. Vielmehr ist es anders rum: Die große UVP ersetzt den kleinen Umweltbericht und ersetzt dessen Rolle. Ziel des § 50 ist die Vermeidung von Doppelarbeit und nicht die Reduktion des Prüfungsumfangs. Dies unterstreicht dann insbesondere Absatz 3, wonach die UVP in keinem Fall ausfallen darf und einmalig und vollständig im Rahmen des Aufstellungsverfahrens durchzuführen ist.

 

Der Bebauungsplan "Langwiesen IV" arbeitet als Vorhabenbezogener Bebauungsplan mit Vorhaben- und Erschließungsplan (VEP) auf ein konkretes Vorhaben hin. Diese Art gehört damit zu den vereinfachten Verfahren des Baugesetzbuchs in Abschnitt 4 des ersten Kapitels, dort in § 12 geregelt. Als All-in-one-Paket kommt mit Rechtskraft das Baurecht für das Vorhaben.

 

Da das Baurecht unmittelbar mit der Rechtskraft folgt, die Art und Größe der Fabrik bekannt ist, die UVP-Kriterien erfüllt sind, besteht die UVP-Pflicht bereits zum Bebauungsplan. Das ist ein Unterschied zu Industrie- und Gewerbegebieten, bei denen im Sinne einer Angebotsplanung eines normalen Bebauungsplans noch nicht feststeht, ob und welche UVP-pflichtigen Vorhaben durchgeführt werden sollen.

 

Eine Zweistufigkeit mit Aufteilung Bebauungsplan- und Zulassungsverfahren ist dabei durchaus möglich. Aber nicht so wie beim jetzigen Verfahren Layher, dass die komplette Frage des Produktionsprozesses mit dem Einsatz von Chemikalien erst im Zulassungsverfahren behandelt wird. Vieles im Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, Abluft und Transport ist standortrelevant und umweltbezogen und bereits bei der Aufstellung des Bebauungsplans zu behandeln. In der zweiten Stufe im Zulassungsverfahren sollen dann lediglich nur noch Einzelfragen behandelt werden.

 

Mit der Durchführung der umfassenden UVP bereits zur Aufstellung des Bebauungsplans würde dann auch dem in der EU verankerten Vorsorgeprinzip Rechnung getragen werden. Im Aufstellungsverfahren mit Vorhaben- und Erschließungsplan war von den einzelnen Produktionsschritten und eingesetzten Säuren und anderer Chemikalien keine Rede (nur "Vorbehandlung", "Zinkbad"). Es konnten so nicht alle aus der Standortwahl resultierenden Umweltauswirkungen erfasst werden. Die Einbringung der Produktionsprozesse und eingesetzten Stoffe erst nach einem Verfahren, das Baurecht schaffen soll wird dem Vorsorgeprinzip in der EU nicht gerecht. Die Aspekte können derart entscheidend sein, dass sie zu einer Ablehnung im Gemeinderat führen können. Auch eine Abwägung der Belange kann negativ für die Errichtung der Bauten neben einer Weinkelter in einem Naturpark ausfallen.

 

Ist der Verwaltung der Unterschied zwischen einemvorhabenbezogenen Bebauungsplan mit einem konkreten UVP-pflichtigen Vorhaben und einem normalen Bebauungsplan mit unbestimmten Vorhaben bewusst? Eine Arbeit unter Prof. Dr. Martin Ibler von Simon Wagner an der Uni Konstanz (2004) sowie Prof. Dr. Stüer Münster/ Osnabrück stellen die vom RP Stuttgart, Landratsamt Heilbronn und Käser Ingenieure verstandene Rechtsauffassung in Frage.

 

Folgende standortrelevanten Fragen hätten im Fall Layher Werk 3 bereits im Aufstellungsverfahren Bebauungsplan mit einer UVP geklärt werden müssen:

  • Alternative Standortsuche. Beim Layher-Werk hat man sich dabei auf das Zabergäu beschränkt. Bei einem Vorhaben dieser Größe, Erfüllung Nr 18.5.1 UVPG  muss die Standortsuche nicht auf die nähere Umgebung oder Bundesland beschränkt werden. Gerade auch im Hinblick auf das Raumordnungsgesetz, Industriebrachen in strukturschwachen Regionen und Standorte mit besserer strategischen Anbindung an Import Rohstoffe, Export Produkte (Bahnlinien, Häfen).
  • Erhöhtes Risiko durch weitere Gefahrguttransporte durch den Naturpark Stromberg-Heuchelberg und Zabertal auf schmalen Straßen, durch Ortsdurchfahrten und kurvigem bergigen Gelände.
  • Eine Fabrik zum Aufbringen von metallischen Schutzschichten auf Metalloberflächen mit großem Einsatz diverser Chemikalien in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Weinkelter.
  • Die dritte Feuerverzinkerei in einem Tal mit Inversionswetterlage
  • Ein weiterer Industriebetrieb in einem Tal mit dem eher bachähnlichen Fluss Zaber
  • weitere Auswirkungen auf alle betroffenen Schutzgüter

 

Die Betrachtung dieser Fragen hätte zur Ablehnung der dritten Feuerverzinkerei im Zabergäu führen müssen.

 

b) Die UVP ist auch wegen des enormer Flächenverbrauch nötig gerade auch im Bauleitverfahren

Büro Käser und der Zweckverband rechnen die zulässige Grundfläche auf 9 Hektar runter, und meinen dann dass Nr 18.5.1 UVPG nicht greift, hierfür also sowieso keine UVP erforderlich sei. Da die Planer und Verwaltung zudem meinen, die UVP bezüglich Immission (Nr 3.8.1) aus dem Bebauungsplanverfahren auskoppeln zu können und erst zur Genehmigung für den Betrieb starten müssen, reicht den Herren der einfache Umweltbericht.

Tabelle 1.9 Die Planstatistik zum Bebauungsplan. Daraus geht hervor, dass diereine Baufläche 11,23 ha beträgt.

Für die Berechnung der zulässigen Grundfläche ist nach § 19 Baunutzungsverordnung (BauNVO) die gesamte Fläche des Baugrundstücks maßgebend, also alles inklusive der darin beinhalteten Grünflächen, Hofflächen und Wasserbecken. Ein Baugrundstück kann aus mehreren katasterrechtlich zusammenhängenden Flurstücken bestehen.

 

Im Bebauungsplan ist eine Grundflächenzahl (GRZ) angegeben, hier 0,8. Sie bemisst den prozentualen Anteil an der Grundstücksfläche, hier 80%, der von Hochbauten, Hofflächen, Nebenanlagen genutzt werden darf.

 

Alles private zusammengerechnet:

11,23 ha Baufläche + 0,58 ha privates betoniertes Regenrückhaltebecken + 2,41 ha private Grünflächen

= 14,22 ha Baugrundstück

x GRZ 0,8 = 11,38 zulässige Grundfläche

https://www.gesetze-im-internet.de/baunvo/__19.html

 

Büro Käser hat einen falschen Rechenansatz zur Berechnung der zulässigen Grundfläche und reduziert die Netto-Fläche nochmals durch Multiplikation mit 0,8:

11,23 ha Baufläche x 0,8 = 8,98 ha

 

Die Baufläche ist aber nicht die Grundstücksfläche!

 

Nach der Berechnung von Käser dürfte Layher nur 9 Hektar für Gebäude, Parkplätze, Lagerflächen und Nebenanlagen (Regenrückhaltebecken) nutzen. Das wären nur 80% der im Planteil grauen Fläche. Layher braucht aber die Grünfläche, um mit einem Faktor von 0,8 die Baufläche nutzen zu können.

Im Durchführungsvertrag stehen aber schon 11 ha!

Im §19 wird zwischen zulässiger und tatsächlicher Grundfläche unterschieden. Da liegen die oben gerechneten 11,38 ha zulässige Grundfläche näher zu den 11 ha Grundfläche des Durchführungsvertrags. Aus dem Durchführungsvertrag:

 

Auf ca. 11 ha Fläche (und nicht 9) sollen u.a. Gebäude für eine Verzinkerei und Produktionsanlagen, eine Wareneingangshalle, eine Versandhalle sowie Lagerflächen für Rohmaterial, Endprodukte und den Versand sowie die An- und Ablieferung entstehen. [...] Bestandteil des Vorhabens sind außerdem ein Regenrückhaltebecken, Flächen zum Ausgleich des Eingriffs in Natur und Landschaft

 

14,22, ha Baugrundstück passt auch zu den über die Presse vermittelten Zahlen:

  • 14 ha          ....   Heilbronner Stimme 13.9.2018
  • 14,7 ha     ....   Heilbronner Stimme 5.7.2019

 

Da das Regenrückhaltebecken als technisches Becken der Anlage untergeordnet ist, ist es der Grundfläche der Fabrik als Nebenanlage hinzuzurechnen.

 

Das Baugrundstück mit Baufläche, Regenrückhaltebecken und privater Grünfläche reicht bis zur Zaber, Das Regenrückhaltebecken bis zur HQ100 –Linie. Daran orientiert ergaben Digitalisierungen in der Karte der LUBW mit Baufläche ohne Eingrünung + Streuobstwieschen, aber inkl Regenrückhaltebecken eine tatsächliche Grundfläche von ca 11 ha.

 

3.   Nach wie vor ist Realisierung Langwiesen IV als Industriegebiet aus der Zeit gefallen

In Abschnitt 5 der Umweltverträglichkeitsuntersuchung steht selbst, dass Langwiesen IV nur eine Erweiterungsfläche von Langwiesen ist, also nicht zur ursprünglich angedachten Dimension vom Industriegebiet Langwiesen gehört:

Das neue Betriebsgelände befindet sich im Gebiet des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Langwiesen IV“ in 74389 Cleebronn, Boschstraße 1. Das Bebauungsplangebiet „Langwiesen IV“ schließt sich westlich an das bestehende Industriegebiet „Langwiesen III“ an und befindet sich im Erweiterungsgebiet der interkommunalen Gewerbeflächen „Langwiesen“ des Zweckverbandes Wirtschaftsförderung Zabergäu auf Flurstücken der Gemarkungen Cleebronn und Güglingen-Frauenzimmern.

Neue Dimensionen müssen breit und im Kontext der 17 Nachhaltigkeitsziele der UN diskutiert werden.

 

Der Satz in Abschnitt 7.8.2 zum Naturpark "Es befindet sich kein Naturpark in der Nähe des Vorhabensstandortes oder im Beurteilungsgebiets."  ist fachlich falsch. Die Gemeinden Güglingen, Brackenheim und Cleebronn sehen sich als Teil des Naturparks Stromberg-Heuchelberg. Dazu läuft gerade beim Regierungspräsidium Stuttgart ein Verfahren zur Änderung der Naturparksgrenzen dahingehend, dass u. a. Cleebronn, Güglingen und Brackenheim nun mit ihrem kompletten Gemeindegebiet im Naturpark liegen werden. Aktuell umfasst der Naturpark nur teilweise diese Gemeindegebiete.

Dass genannte Kommunen sich dabei den Passus mit den dynamischen Erschließungszonen zu nutze machen wollen, um trotz Naturparkstatus am hemmungslosen Flächenfraß mit Industriegebieten festhalten zu können ist eine politische, der Wachstumsideologie geschuldete Entscheidung.

Das Zabertal ist eingerahmt vom Stromberg und vom Heuchelberg und öffnet sich V-förmig nach Osten Richtung Neckar. Stromberg, Heuchelberg und Zabertal gehören naturräumlich zusammen.

 

4.   Heizleistung in Größenordnung eines Dorfes mit 1200 Einfamilienhäusern widerspricht Klimaschutz

Güglingen und Brackenheim geben sich mit Klimaschutzmanagern als Musterschüler für den Klimaschutz, machen aber bezüglich Wirtschaft keinen Ernst. Die Einhaltung des gebotenen 1,5 Grad Ziels bis 2040 wird nicht ohne Änderung der Wirtschaftsweise und Reduktion gerade der Staaten mit hohem BIP funktionieren. Das Ziel wird auch mit dieser Anlage hintertrieben.

Die 30 erdgasbefeuerten Brenner mit einer Leistung von jeweils 115 kW werden soviel Heizleistung wie etwa  1200 Einfamilienhäuser verbrauchen.

(https://heizung.de/gasheizung/wissen/durchschnittlicher-gasverbrauch-als-hilfreicher-richtwert/)

 

30 x 115 kW x 24h x 350d = 28980000 kWh / a mit 15 Tage Pause

Aktuell werden in Deutschland je Quadratmeter Wohnfläche durchschnittlich 16 Kubikmeter beziehungsweise 160 Kilowattstunden Gas in einem Jahr genutzt.“

28980000 kWh / a   / 160 kWh / a pro qm / 150 qm = 1207 Häuser

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

Matthias Böhringer