Brief an Bürgermeister Dieterich

Zum UN-Jahr des Bodens, Flächenhunger hoffentlich gestillt

Matthias Böhringer, 26.11.2015

Bürgermeister Klaus Dieterich

Rathaus Güglingen

Marktstraße 19-21

74363 Güglingen

 

UN-Jahr des Bodens

 

 

Pfaffenhofen, 26.11.2015

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dieterich,

 

 

ich hoffe sehr, dass mit dem Gewerbegebiet Lüssen Ihr Hunger nach neuen Gewerbegebieten nun endgültig gestillt ist.

 

Die Gemeinden brauchen ein Entwöhnungsprogramm von der fatalen Sucht nach Wachstum. Denn wie der Fall Lüssen zeigt, wird es mit zunehmender Siedlungsfläche schwieriger, echten Ausgleich zu schaffen. Im Fall Lüssen konnte der Eingriff nur mit der Verlagerung des Oberbodens auf vorhandenen Boden ökokontotechnisch gemeistert werden. Wo sich Gewerbeflächen ausbreiten nehmen Konflikte um die Fläche zwischen Landwirten und Naturschutz zu. Die wachsenden Zugriffe der Siedlungsfläche auf die Landwirtschaftsfläche führen zu einer intensiven und industriellen Landwirtschaft in einer zersiedelten Landschaft. Die Freiheit und Bereitschaft zum Erhalt von die Landschaft strukturierenden Elementen wie Bäume, Hecken und Blühstreifen sinkt.

 

Die Vereinten Nationen haben 2015 zum internationalen Jahr des Bodens erklärt. Der bloße Umzug eines Oberbodens an eine andere Stelle erhält zwar die Ressource. Das Bodengefüge ist dann aber an beiden Stellen nicht mehr im gewachsenen Zustand wie er dem Naturraum entspricht. An der originalen Stelle geht die Funktionalität als Agrarfläche, lebendiger Körper und Wasserspeicher verloren.

 

Man kann es nicht oft genug sagen: Wenn das Wachstum der größer werden wollenden Städte und Gemeinden tatsächlich zu mehr Wohlstand führen würde, dann müssten ja die schon größeren Städte und Gemeinden überhaupt keine Probleme haben. Tatsächlich wird aber nur am Teufelskreis weitergedreht, der mit Erweiterungen nur kurzfristig Zufriedenheit bringt. Schließlich gibt es bzgl des Standardarguments „Schaffung von Arbeitsplätzen“ keine Zusicherung der angesiedelten Unternehmen, ausschließlich Bewerber vom Standort einzustellen. Zuzug und Fluktuation schaffen neue Bedürfnisse.

 

Das Jahr des Bodens bekräftigt: Es gibt keinen Anspruch auf immer neue Wohn-, Gewerbe- und Industriegebiete. Statt mit der Salamitaktik fortzufahren ist die Ziehung von absoluten Grenzen geboten.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

 

 

Matthias Böhringer