Von wegen Umgehungsstraße. Eine Erschließungsstraße wird's

Im Zabergäu wird die neue L1103 als Umgehungsstraße zur Entlastung von Pfaffenhofen und Güglingen beworben. Bei näherer Betrachtung ist sie nur eine Erschließungsstraße für das neue Gewerbegebiet Cappishaupt östl. Pfaffenhofen und die weiteren Industriegebiete.

Die Varianten der neuen L1103 mit den hinzugekommenen und noch geplanten Gewerbegebieten. Grundlage DTK 1:2500 2007 (Foto: Planfeststellung L1103)
Die Varianten der neuen L1103 mit den hinzugekommenen und noch geplanten Gewerbegebieten. Grundlage DTK 1:2500 2007 (Foto: Planfeststellung L1103)

Übersichtskarte mit Flächennutzung und dem planfestgestellten Abschnitt. Im Vergleich zur topographischen Karte oben sind die Gewerbegebiete in Güglingen mit den Einkaufsmärkten vollständig grau dargestellt. Alles was ein "G" hat wurde und wir noch bebaut. So kam südlich der grauen Flächen im Jahr 2009 das Layher Werk 2 ("Burgweg") hinzu, 2018 wurde Lüssen nach fertiggestellter Erschließung zur Bebauung freigegeben.

Bestehende und geplante Gewerbegebiet im Flächennutzungsplan Stand 2018. Der große Plan ist eine weitere Straße ab Edeka / Renner bei Güglingen in die Zaberaue hinein bis Industriegebiet Langwiesen.

Erschließungsstraße für die falsche Raumplanung

Zur Rushhour morgens und abends stöhnen die Anwohner der Ortsdurchfahrten in Pfaffenhofen und Güglingen über den Strom der PKWs, SUVs, Kleinlaster und Schwerlaster. Tatsächlich hat der Verkehr in den letzten Jahren zugenommen. Der Schwerlastverkehr war auch Schwerpunkthema auf der vom Güglinger Bürgermeister Heckmann geleiteten Bürgerversammlung am 13. November 2018. An vielen Orten im Landkreis Heilbronn wird derzeit (2018 und folgende) die Verkehrsbelastung diskutiert wie auch der Wohnungsmangel. Doch das sind nicht zuletzt auch Sympthome einer falschen Raumplanung die hier im Südwesten, insbesondere Landkreis Heilbronn Gewerbe- und Industrie konzentriert, statt das Brachen in strukturschwachen Gebieten der Bundesrepublik wiederbelebt werden. Aber man kriegt hierzulande ja den Hals nicht voll und will überall der "Meister", der "Größte" sein, das Superlativ bieten. Bürgermeister Heckmann lobte auf der Versammlung das direkte Gespräch. Nun, bei Wachstumskritik war er bislang nicht so offen, wo ist die Bereitschaft zu Gesprächen zu Postwachstum und Gemeinwohlökonomie mit Experten angesichts der nahenden Klimakatastrophe (siehe IPCC-Bericht vom 8.10.18 zum 1,5 Grad Ziel und Perspektive ab 2040), des Verkehrskollaps und der Wandlung des Zabertals zum Moloch?

Neues Gewerbegebiet Cappishaupt östlich Pfaffenhofen

Nun wird die neue L1103 als erlösende Umgehung beworben. Der Abschnitt Pfaffenhofen - Güglingen wurde am 30.3.2017 planfestgestellt, man kann die Pläne vom Verkehrsministerium runterladen. Von Umgehung ist da aber nicht viel zu sehen. Denn zum einen wird mitten durch Pfaffenhofen südlich der Zaber ab dem Knotenpunkt eine Bresche geschlagen und in Nähe des Umspannwerks wird eine Einmündung in das von Bürgermeister Böhringer gewünschte Gewerbegebiet "Cappishaupt" geplant. Im Strategieplan Pfaffenhofen 2030 (siehe unten) sowie im Flächennutzungsplan (siehe oben) ist dieses neue Gewerbegebiet bereits ausgewiesen, im FNP als "Fuchsäcker". Vom Skywalk Pfaffenhofen Richtung Michaelsberg sieht man da noch Felder.

Es sollte überflüssig sein, zu betonen, dass diese Planung entgegen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie, Nachhaltigkeitsabsicht im Baugesetzbuch, Klimaabkommen und den Zielen der UN ist.

Das Gewerbegebiet wurde abermals in der Heilbronner Stimme am 25.9.2020 bestätigt (siehe Ausschnitt links), als über das vorgestellte Nahversorguns- und Gewerbeflächenkonzept zu Pfaffenhofen der Ludwigsburger Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA) berichtet wurde.

BM Böhringer sieht das schon als neue Zweckverbandsfläche. Und wie das dann aussieht sieht man an Langwiesen bei Frauenzimmern.

Detail Einmündung zum geplanten Gewerbegebiet Cappishaupt zwischen Pfaffenhofen und Güglingen sowie gesamte Planfeststellung L1103 ab neuem Knoten in Pfaffenhofen, Verlegung Bahntrasse, Anbindung neues Gewerbegebiet, Verlauf nördlich Umspannwerk, Knoten am Gewerbegebiet Burgweg u.a. mit Layher Werk 2

Blick vom Skywalk Pfaffenhofen auf die für Umgehungsstraße und Gewerbe vorgesehenen Felder, Reste unverbauter Landschaft
Blick vom Skywalk Pfaffenhofen auf die für Umgehungsstraße und Gewerbe vorgesehenen Felder, Reste unverbauter Landschaft

Durchblick vom Fuß- und Radweg an der Zaberaue in noch unverbaute Landschaft. 2 Bild Blick von der Zaber beim Sportplatz auf die noch unverbaute Landschaft. Einzig die alte Bahntrasse zieht durchs Bild. Dahinter soll das Gewerbegebiet entstehen und die Straße gebaut werden.

Trügerisches Bild der topographischen Karte 2007

In der ersten Karte oben zur Planfeststellung von 2017 sind die Varianten der Umgehungsstraße eingezeichnet (Diese Variantenplanung zeigt den Stand 5.11.2010). Der Kartenhintergrund 1:25000 zeigt noch ein trügerisches Bild eines idyllischen Zabergäus. Für diesen Beitrag wurden als Baustellen die seitdem hinzugekommenen und noch kommenden Gewerbe- und Industriegebiete eingezeichnet:

  • Cappishaupt zwischen Pfaffenhofen und Güglingen
  • Burgweg mit Werk 2 von Layher
  • Lüssen
  • Einzelhandelszentrum, Feuerwehr, Bauhof und Renner
  • Langwiesen IV. Davon sollte ab Ende 2019 Teil 1, die östliche Hälfte mit Werk 3 von Layher bebaut werden. Teil 2 Richtung Winzergenossenschaft und Straße Frauenzimmern - Cleebronn soll folgen.
  • Langwiesen III
  • Langwiesen III südlich des Römerwegs mit TAXIS

Die Variante 3A/B klappert all diese Gebiete ab. Wie kann man da noch von einer Umgehungsstraße sprechen? Die Straße wird eine Erschließungsstraße für diese anachronistischen Flächenumwandlungen sein. In der über Jahre andauernden Bauwut haben die Bürgermeister Böhringer, a. D. Dieterich und a. D. Kieser die Zerstörung des Zabertals für wenige tausend Einwohner und das Mantra Wachstum vorangetrieben. Auch nach der Wahl neuer Bürgermeister wie BM Heckmann 2017 wird weiter  am Zerstörungswerk mit Langwiesen IV gearbeitet.

 

Die Belastung kommt in Süd-Nord Richtung

Dass die neue Zabertalstraße gar nicht zur Entlastung von Pfaffenhofen und Güglingen beitragen kann, beweist der in großen Teilen von Norden/ A5/ A6 über Eppingen nach Güglingen sowie der von Süden/ A81 über Bietigheim - Ochsenbach anrollende Schwerlastverkehr. Der SWR berichtete bereits über das geplagte Dorf Ochsenbach im benachbarten Kirbachtal, eine Bürgerinitiative gegen den LKW-Verkehr wurde gegründet und am 30.10.2017 fand eine Demo der Dorfgemeinschaften Ochsenbach und Spielberg mit Blockade der Straße statt.

Der verkehrsgefährdende Stau der langen LKWs vor dem Layher-Tor an der Ortsumfahrung Eibensbach von Ochsenbach kommend ist dokumentiert.

Album der Demo am 30.10.17 in Ochsenbach. Die Bürgerinitiative stellte Strohpuppen an den Straßenrand, um die LKWs zur Beachtung des Gehwegs zu zwingen. Ochsenbach wehrt sich gegen die unerträgliche und von Jahr zur Jahr schlimmer werdende Situation. Lösung des Landratsamts war nicht die Begrenzung des LKW-Verkehrs sondern das hinpflanzen von unzähligen Pollern.

Keine Entlastung im oberen Zabergäu

Verkehrsminister Hermann von Baden-Württemberg wird wissen, dass noch mehr Straßen noch mehr Verkehr anzieht. An der nördlichen Talseite von Pfaffenhofen fühlt man sich im Sommer bei offenem Fenster bereits jetzt wie an der Landstraße wohnend, da die Fahrgeräusche herüberschallen und von den Hängen reflektiert werden. Für diesen Abschnitt Richtung Zaberfeld ist im enger werdenden Tal gar keine Umgehung ohne Tunnel möglich. Die Entlastung, die man sich für Pfaffenhofen ab der Zaberbrücke und Güglingen erhofft, trifft für die Gebiete Häsle und Gehrn von Pfaffenhofen, Weiler, Zaberfeld, Leonbronn und Sternenfels Richtung Enzkreis nicht zu.

Es gibt also 2 Verkehrsströme im Zabertal: Ost-West und Nord-Süd. Wobei Betriebe im Zabergäu auch in allen Richtungen unterwegs sind, so z. B. Achauer aus Pfaffenhofen mit den Kompost-Lastern erst nach Güglingen, dann über den Berg nach Ochsenbach.

 

Auch Brackenheim sollte sich fragen, wohin das führen soll. Seit den Kreiseln hat der Verkehr merklich zugenommen und ein Einschwenken auf die Ortsdurchfahrt ist abseits der Kreisverkehre kaum möglich. Wird Brackenheim den Verkehr von der neuen L1103, neuen Industriegebieten aufnehmen können?

Aus dem Strategieplan Pfaffenhofen 2030. Bereits heute wird der Verkehrslärm der L1103 von der anderen Talseite reflektiert.
Aus dem Strategieplan Pfaffenhofen 2030. Bereits heute wird der Verkehrslärm der L1103 von der anderen Talseite reflektiert.

mboeh 2018/ 2020